Der trübe Sommer - Ein Fall für Commissario
De Luca
Carlo Lucarelli
Original: L'Estate Torbida
Piper TB
ISBN 3-492-27004-2
Es liegt ein Gewitter in der Luft, und die
Straße ist staubig, auf der De Luca von Bologna
nach Roma unterwegs ist.
Da spricht ihn Brigadiere Leonardi
an: Man
schreibt das Jahr 1945, die Faschisten
sind
besiegt, aber noch wird jeder Reisende
argwöhnisch
kontrolliert.
Widerwillig folgt De Luca dem Brigadiere
ins Dorf und begleitet ihn zum Tatort
eines
schauerlichen Verbrechens, dem einen
ganze
Familie zum Opfer gefallen ist.
In der zum Zerreißen gespannten Atmosphäre
zwischen Partisanen und Polizei, zwischen
den abwartenden Menschen im Dorf und
dem
mißtrauisch beäugten Fremden De Luca
versuchen
die beiden auf sich allein gestellten
Kommissare
einen Fall zu lösen, von dem niemand
zu wissen
scheint, ob es sich um bloße Rache
oder um
eine politische Verschwörung handelt.
Rezension:
Hinter dem harmlosen Titel verbirgt sich
ein heikler, verzwickter Fall für Exkommissar
de Luca. Ameisen beobachtend, die aus einer
Mine kriechen, wird er zur Aufklärung der
Morde an einer ganzen Familie geholt. Ausnahmsweise
soll es sich kurz nach Beenden der faschistischen
Regierung nach 1945 in Italien nicht um politische
Morde handeln. Brigadiere Leonardi, der auf
eine schnelle Beförderung hofft, braucht
den unter-falschem-Namen-lebenden de Luca,
weil er selbst Anfänger bei der Polizei ist.
Es folgen witzige und kunstvoll gemachte
Situationen. Erst enttarnt Leonardi de Luca
und dann dürfen wir mit Leonardi zusammen
einen Anfängerkurs in Morduntersuchung machen.
Zitat S.37: "Heilige Jungfrau Maria,
ich muss noch viel lernen..."
Staubtrocken ist Lucarellis Humor und sehr
subtil. Haben wir Leser doch immer die politische
Dimension im Nacken. De Luca wird hier plastischer,
menschlicher als im ersten Fall "Freie
Hand für De Luca (indem er noch unter der
faschistischen Regierung ermittelt).
Er darf träumen, auch wenn es kafkaeske Alpträume
sind. Seine Ess- und Schlafstörung hat er
noch, und wird er angesichts der Ermittlungen
auch nicht so schnell los. Gegen Ende muss
er sich in einem ehemaligen Partisanenverschlag
verstecken mit Hilfe der "Tedeschina",
die eigentlich Francesca heisst, deren Haare
aber gestutzt wurden, weil sie sich mit einem
Deutschen eingelassen hat.
Auf wenigen Seiten entfaltet sich ein spannender
Fall, poetisch geschrieben (und von Barbara
Krohn, die sich ja selbst als Krimiautorin
einen Namen gemacht hat, wunderbar übersetzt).
Geschichtsbildung und Unterhaltung zugleich.
Und das von einem, der 1960 geboren wurde.
Großartig!